(#74) Die Hybride der Former French Concession

Als die Franzosen die French Concession gründeten, legten sie sie nach dem Vorbild der Pariser Arrondissements an!

Während meiner ersten Wochen und Monate in Shanghai wusste ich immer, wenn rechts und links der Straßen diese wunderbaren Platanen stehen, bin ich zumindest schon mal in der Nähe unserer Wohnung. Was mir damals noch nicht so bewusst war, war, wie groß die ehemalige French Concession ist. Aber das war und ist auch egal, denn ich liebe es, mit dem Fahrrad zu fahren. Je länger, desto besser. Das ist wahrscheinlich auch der Grund dafür, dass ich mich immer wieder verfahre.

Ich kann mich noch sehr gut an unseren ersten Besuch in Shanghai erinnern. Ich war ab der ersten Sekunde verliebt in diese Straßen. Wobei ich leider gestehen muss, dass ich auch all die anderen Straßen mega finde.

Meine erste Begegnung mit den Platanen war im April vergangenen Jahres. Die Blätter an den Platanen fingen gerade an zu wachsen. Als wir dann einen Monat später hier eingezogen sind, waren sie so dicht, dass sie ein Schutzdach über den Straßen bildeten. Super angenehm im Sommer, wenn die Sonne runterbrennt. Aber auch angenehm, wenn es etwas regnet. Allerdings nicht hilfreich bei dem derzeitigen Pflaumenregen. Da hilft aber auch wirklich nichts.

Kleiner Exkurs: Heute kam ich im strömenden Regen auf meinem Fahrrad nach Hause. Ok. Ich hätte vielleicht etwas warten können und dann wäre ich eventuell auch trocken nach Hause gekommen, aber heute wollte ich es wissen. Ich bog also triefnass in unsere Einfahrt ein und grüßte wie immer unseren Guard. Als ich mein Fahrrad gerade abgestellt hatte, stand er schon mit einem Regenschirm neben mir und brachte mich zum Eingang. Ich hätte ihn knutschen können!!!!

Zurück zu den Platanen. Ihr Blätterdach ist so dicht, dass uns in den ersten Monaten gar nicht auffiel, dass es auch in unserer direkten Nachbarschaft echt hohe Häuser gibt. Die Bäume heucheln einem vor, dass alle Häuser in der French Concession maximal zwei bis drei Stockwerke hoch sind. Erst als der Herbst kam und mit ihm die Blätter gingen, wurde es in den Straßen hell und uns klar, dass sich hinter all dem Grün zum Teil riesige Hochhäuser verbergen.

Als die Franzosen die French Concession gründeten, legten sie sie nach dem Vorbild der Pariser Arrondissements an. Bäume rechts und links der Straßen durften da nicht fehlen. Aber obwohl die Bäume bei den Einheimischen „Faguo Wutong“ heißen, was so viel wie „französischer Phoenix Baum“ bedeutet, sind diese Platanen weder französische noch sind sie Phoenix Bäume. Vielmehr sind es gewöhnliche oder auch Bastard- oder Ahornblättrige Platanen. Diese Platanen entwickelten sich im 17. Jahrhundert aus der Kreuzung Amerikanischer mit orientalischen Platanen. Sie sind besonders robust, unempfindlich gegenüber Frost, können aber auch hohe Temperaturen gut ab, ihnen macht Smog wenig aus und sie sind resistent gegen den Befall von Schädlingen. Außerdem sind sie Flachwurzler. Ihr einziger Nachteil: Ihre langen, ausladenden Äste brechen leicht ab. Sie müssen daher regelmäßig gestutzt werden. Aber nicht irgendwie. Die Methode nennt man Schneitelung oder auch Kopfbaumschnitt. Die Bäume verlieren dabei den Großteil ihrer Blätter und werden so nicht nur in Form gehalten, sondern ihre Äste werden so auch dazu gezwungen, in die vorgesehen Richtung – Richtung Straße und in die Richtung der Bäume auf der anderen Straßenseite – zu wachsen. Das Ergebnis sind die „Tunnel“ aus Blättern, die der French Concession ihren ganz eigenen Charakter geben.


Nicole…

… ist im Mai 2019 voller Vorfreude in das Abenteuer Shanghai gestartet und hat sich Hals über Kopf in die Millionenmetropole verliebt. Seit ihrer Ankunft bloggt sie über ihre kleinen und manchmal auch größeren Unwägbarkeiten des Alltags, über die Dinge, die sie jeden Tag wieder auf’s Neue in Erstaunen versetzen und manchmal auch einfach nur über bekannte und weniger bekannte Attraktionen, Geschichte und Geschichten rund um Shanghai. Ende Juli 2020 hat Nicole mit schwerem Herzens Shanghai verlassen. Aber nicht für immer. Sie hat in der Stadt wunderbare Freundschaften geschlossen und es gibt noch so viel zu entdecken .



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